Wie ticken Kinder? – Ihre Medienhelden verraten uns, was sie bewegt!

von Claudia Koch, München

Medienhelden spielen eine große Rolle im Leben der Kinder. Sie begleiten die Kinder durch den Alltag, dienen als Identifikationsfigur und geben in vielerlei Hinsicht Orientierung. Um hinter die Kulissen der kindlichen Lebenswelt blicken zu können, lohnt sich also ein Blick auf ihre Medienhelden.

Die Medienhelden der Kinder – Ein Blick auf die Charaktere

Quelle: https://pxhere.com/de/photo/772524

Der Medienmarkt der heutigen Zeit ist u. a. durch die Bereiche Fernsehen, Hörspiel, Computerspiel, Buch, Kino und Internet breit gefächert und bietet den Kindern in Bezug auf ihre Medienhelden viele Auswahlmöglichkeiten, um sich ihren passenden Charakter auszusuchen. Im Gegensatz zu unserer Kindheit treten gegenwärtig auch Adaptionen in andere Medien (Crossmedia) und der Verkauf von Lizenzartikeln (Merchandising) auf, was die Aufmerksamkeit der Kinder besonders auf sich zieht (vgl. Stiftung Medienpädagogik Bayern, 2018, S. 4). Unter den unzählig vielen aktuellen Medienfiguren befinden sich auch noch einige, die bereits mehrere Generationen von Kindern begleitet haben. Darunter fallen zum Beispiel Wickie, Biene Maya und Bibi Blocksberg. Meist sind sie durch Computeranimation neu aufbereitet, manche treten auch noch im alten Format auf (vgl. Wiener Bildungsserver, „Medienhelden damals und heute“).

Beim Blick auf die Charaktere der bevorzugten Medienhelden spielen Mut, List, Stärke und Fantasie eine große Rolle. Zusätzlich sind es die Schlauen, die Schnellen, die Coolen und die Starken, die für die Kinder als Medienhelden in Frage kommen (vgl. Stiftung Medienpädagogik Bayern, 2018, S. 2). Aber auch von Antihelden, die auf eine liebenswerte Art durch tollpatschiges und chaotisches Verhalten auffallen, sind die Kinder fasziniert (vgl. Wiener Bildungsserver, „Der ideale Medienheld“). Bei den kleineren Kindern (3 – 6 Jahre) sind die kleinen Helden, die sich mithilfe ihres Mutes und ihrer Cleverness gegen Größere behaupten, besonders beliebt. Mit ihnen können sich die Kindergartenkinder gut identifizieren, da sie oft selbst die Rolle der Kleinen übernehmen und sich gegen Größere durchsetzen müssen (vgl. FLIMMO, 2/2018, „Abschnitt 2“). Figuren, die anderen helfen und ihre Freunde unterstützen (vgl. Stiftung Medienpädagogik Bayern, 2018, S. 9), kommen ebenfalls gut an, genauso Retter in der Not wie zum Beispiel Feuerwehrmann Sam, und Abenteuer mit magischen Wesen wie Elfen und Hexen (vgl. FLIMMO, 2/2018, „Abschnitt 2“).

Quelle: https://pxhere.com/en/photo/1102261
Quelle: https://pxhere.com/de/photo/1271578

Jungen und Mädchen im Vor- und Grundschulalter wählen im Allgemeinen verschiedene Charaktertypen aus. Der Held der Jungen sollte mit Stärke, Mut und Durchsetzungsvermögen ausgestattet sein. Im Kindergartenalter sind Figuren mit übermenschlichen Kräften wie beispielsweise Spiderman besonders beliebt. Die älteren Jungs bevorzugen Realitätsnähe und coole (Anti-) Helden wie zum Beispiel Bart Simpson (vgl. Stiftung Medienpädagogik Bayern, 2018, S. 9). Mädchen dagegen zieht es eher zu weiblichen Figuren wie Prinzessin Lillifee und Bibi Blocksberg oder zu Tierfiguren, die mit Cleverness, Witz und Geschick spannende Abenteuer meistern. Darunter fallen beispielsweise Tabaluga oder Pu der Bär (vgl. SCHAU HIN!, „MedienheldInnen – Die Vorbilder unserer Kinder“). Viele Kindersendungen verstärken diese unterschiedlichen Trends, indem ihre Inhalte oft die Klischees der Geschlechterrollen bedienen. Sind Mädchen das Zielpublikum, so findet man hauptsächlich weibliche Akteure, die Inhalte wie Freundschaft, Pferde und Magie behandeln. Dagegen geht es in Sendungen für Jungen eher um Stärke und Rivalität, und es treten häufiger Kämpfe und körperliche Auseinandersetzungen auf (vgl. Wiener Bildungsserver, „Geschlechtsspezifische Unterschiede“). Darüber hinaus werden den Kindern oft fragwürdige weibliche und männliche Ideale vorgelebt, die unreflektiert schnell zur Richtlinie für die Realität werden können (ebda.).

Wenn erwachsene Bezugspersonen die Medienhelden der Kinder im Blick haben und problematische Darstellungen mit den Kindern thematisieren, können solche Rollenklischees jedoch leicht abgefangen werden.

Aus der Vielzahl der medial auftretenden Figuren wählen Kinder solche zu Helden, deren Eigenschaften und Geschichten Parallelen zur eigenen Lebenssituation aufweisen (vgl. Medienpädagogik ohne Grenzen, „Die Eiskönigin & CO – Medienhelden gemeinsam entdecken“). Dann können sich die Kinder mit ihnen identifizieren und sie im Alltag in vielerlei Hinsicht nutzen.

Der Medienheld des Kindes – Ein Werkzeug zur Bewältigung des Alltags

Quelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/himmel-junge-kind-klein-346796/

Medienhelden sind für die Entwicklung der Kinder und der Bewältigung des Alltags in vielerlei Hinsicht von großer Bedeutung. Zunächst bieten sie Unterhaltung und fungieren als Identifikationsfiguren, indem insbesondere kleinere Kinder mit ihnen verschmelzen, ihre Gefühle und Abenteuer miterleben und sie nachahmen, besonders wenn die Handlungen einen Lebensweltbezug aufweisen. Kinder beschäftigen sich mit ihren Medienhelden sehr intensiv, sie sprechen viel über ihre bevorzugten Figuren, sie malen sie und arbeiten sie im Rollenspiel auf (vgl. Stiftung Medienpädagogik Bayern, 2018, S. 4). Dabei wählen sie ihre Helden passend zu den derzeitig zu bewältigenden Lebensaufgaben aus. „Für Kinder ist es interessant, Figuren bei solchen Tätigkeiten zu beobachten, bei denen sie selbst noch Schwierigkeiten haben oder die sie erst kürzlich gelernt haben. Dabei können sie sich Anregungen beziehungsweise Bestätigung für ihr eigenes Handeln holen.“ (Stiftung Medienpädagogik Bayern, 2018, S. 6)

Der Charakter des gewählten Medienhelden gibt also oft Auskunft über gegenwärtige Befindlichkeiten und Problemlagen des Kindes, indem Themen, die das Kind beschäftigen, an und mit dem Medienhelden abgearbeitet werden. So wird der Medienheld zum Begleiter des Kindes, der ihm hilft, seine eigene Gefühlswelt zu verstehen und zu verarbeiten. Gleichzeitig kann das Kind mit seiner Hilfe lernen, seine innersten Wünsche, Sorgen und Gefühle nach außen zu tragen (vgl. Stiftung Medienpädagogik Bayern, 2018, S. 8), indem es diese beispielsweise im Rollenspiel auf den Medienhelden überträgt. Auch Wünsche und Träume des Kindes lassen sich an den Eigenschaften der medialen Figur ablesen (vgl. Stiftung Medienpädagogik Bayern, 2018, S. 2).

Quelle: https://pxhere.com/tr/photo/863367

Des Weiteren lässt sich feststellen, dass die Erlebnisse und das Verhalten der Medienhelden für die Kinder in vielerlei Hinsicht Orientierungsmaßstäbe bieten. Oft sind mediale Figuren in Kindersendungen mit klaren, einfachen und eindeutigen Charaktereigenschaften ausgestattet, was insbesondere für kleine Kinder von großer Bedeutung ist. Nur indem die Charaktere klaren Kategorien zuzuordnen und die Handlungen einfach nachzuvollziehen sind, können die Kleinen hier Anregungen für ihr eigenes Verhalten sammeln und die Inhalte nutzen, um fremdes Verhalten einschätzen zu lernen (vgl. Stiftung Medienpädagogik Bayern, 2018, S. 3). Auch größere Kinder profitieren von ihren Medienhelden, indem sie von ihnen nützliche Informationen zu sozialen Handlungsmustern und sozialen Rollen einerseits und Anregungen für ihr eigenes Verhalten im sozialen Miteinander andererseits erhalten (ebda.). Zusätzlich helfen die in den Geschichten behandelten verschiedenen Verhaltensweisen und Rollenmuster den Kindern dabei, eigene Wertvorstellungen zu entwickeln und daraus stabile Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzubauen (vgl. Stiftung Medienpädagogik Bayern, 2018, S. 7).

Darüber hinaus finden die Kinder bei der Bewältigung ihrer Entwicklungsaufgaben in den Medienhelden Unterstützung. Kleinkinder bis zwei Jahren festigen ihre grundlegenden kommunikativen Fähigkeiten und ihr Emotionsverständnis unter anderem mithilfe der medialen Figuren. Im Alter von zwei bis vier Jahren kann die Sprachentwicklung und das Ich-Bewusstsein durch sie erweitert werden. Bei Kindern zwischen fünf und sieben Jahren wird die Geschlechterrollenidentifikation und die Beziehung zu Gleichaltrigen mithilfe ihres Medienhelden stabilisiert (vgl. Stiftung Medienpädagogik Bayern, 2018, S. 6).

Bei aller Bedeutsamkeit des eigenen Medienhelden ist dieser keineswegs als Konkurrenz zu realen Bezugspersonen und Vorbildern zu sehen. Letztere lassen sich nicht ersetzen, jedoch können mediale Vorbilder sie im positiven Sinne ergänzen, das Verhaltens- und Handlungsspektrum der Kinder erweitern und mögliche Defizite des unmittelbaren Umfelds kompensieren (vgl. Stiftung Medienpädagogik Bayern, 2018, S. 10).

Aufgrund des überwiegend positiven Einflusses auf die kindliche Entwicklung lohnt es sich, Medienhelden für die pädagogische Arbeit zu nutzen, und sie im Kita-Alltag zu thematisieren.

Die Stiftung Medienpädagogik Bayern hat in Verbindung mit dem Medienführerschein ein Themenmodul über Medienhelden erstellt und bietet hierzu auf folgender Internetseite ausführliche Informationen und nützliche Tipps für den Einsatz der Medienhelden im KITA-Alltag:

https://www.medienfuehrerschein.bayern/mediabase/pdf/Modul_131.pdf

Der Wiener Bildungsserver stellt auf seiner Internetseite medienkindergarten.wien viele medienpraktische Tipps für den pädagogischen Einsatz von analogen, visuellen, auditiven, audiovisuellen und digitalen Medien zur Verfügung. Ein Blick lohnt sich auf folgende Internetseite:

http://medienkindergarten.wien/medienpraxis/

Literaturverzeichnis:
Stiftung Medienpädagogik Bayern (Hrsg.): Themenmodul – So stark, so schlau, so witzig – Medienhelden unter die Lupe nehmen und einordnen. München: Selbstverlag, 2018. Zitiert nach: https://www.medienfuehrerschein.bayern/mediabase/pdf/Modul_131.pdf. Abgerufen am 10.04.2019 um 17.38 Uhr.

FLIMMO (Hrsg.): „Erste Medienhelden – Was kleine Kinder sehen.“ https://www.internet-abc.de/eltern/aktuelles/meldungen/archiv-meldungen/meldungen-2018/flimmo-erste-medienhelden-was-kleine-kinder-sehen/. Abgerufen am 13.04. 2019 um 14.17 Uhr.

SCHAU HIN! (Hrsg.): „MedienheldInnen – die Vorbilder unserer Kinder.“ https://www.schau-hin.info/artikel/medienheldinnen-die-vorbilder-unserer-kinder/. Abgerufen am 01.04.2019 um 19.18 Uhr.

Wiener Bildungsserver Verein zur Förderung von Medienaktivitäten im schulischen und außerschulischen Bereich (Hrsg.): „Die Medienhelden der Kinder.“ http://medienkindergarten.wien/medienpaedagogik/kind-und-medien/die-medienhelden-der-kinder/. Abgerufen am 02.04.2019 um 16.57 Uhr.

Medienpädagogik ohne Grenzen (Hrsg.): „Die Eiskönigin & Co – Medienhelden gemeinsam entdecken.“ https://medienpaedagogik-ohne-grenzen.de/biene-maja-und-spongebob-in-der-bibliothek/die-eiskoenigin-co-medienhelden-gemeinsam-entdecken/. Abgerufen am 01.04.2019 um 18.43 Uhr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert