Wie ich lernte, dass Barbie doch ganz okay ist

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Franziska Rousseaux, München

Letzte Woche lag ein Brief der Stadt München in meinem Briefkasten: „An die Eltern von Élise R. .“ Das bin dann wohl ich (zumindest ein Teil davon), dachte ich und öffnete ihn.
Darin fand ich den neuesten Elternbrief der Stadt München. Ich begann zu lesen. Es ging um „Mädchencliquen“ und „Jungsbanden“. Dass ich mich vielleicht wundere, dass meine fast siebenjährige Tochter nur noch Mädchen einlade und diese sich darüber einig seien, dass „Jungs blöd“ (33.Elternbrief der Stadt, München, Seite 296) sind. Hm… ist mir noch nicht aufgefallen. Für mich war sie bis dato ein ganz normales Kind mit Jungs- und Mädchenfreunden, die „Jungs- und Mädchensachen“ machen. Doch dann, getrieben von der Vorstellung, meine Tochter könnte sich demnächst in ein rosa Monster verwandeln, das Jungs nicht mehr mag und nur noch Ballett und Pferde im Kopf hat, warf ich einen Blick auf ihren Netflix-Zugang (ja, den hat sie… bei ihrem Papa Zuhause). Dort, wo früher „Feuerwehrmann Sam“, „Paw Patrol“ und „Conni“ Einzug hielten, sah ich es: „Spirit“ (große, dürre, reitende Mädchen) und „Barbie: Life at the Dreamhouse“. Barbie, die sich ständig hübsch macht, weil sie entweder ein Date mit Ken hat oder einen Preis verliehen bekommt. Barbie ist nämlich nicht nur superhübsch und superbeliebt. Nein, sie ist auch superschlau! Dazu „Mia and me“: Eine Geschichte über ein Mädchen, das mit Hilfe eines Armreifs in die magische Welt Centopia wechseln kann. In dieser Welt ist Mia eine Elfe und kann dort mit Einhörnern kommunizieren. Wahnsinn!!! Mia hat pinke Haare und eigentlich so gut wie nichts an, außer einem äußerst knappen Glitzerbody. Dazu eine Taille, wie sie in der Realität nicht vorkommen kann. Sexualisierung at it’s best! Nur gut, dass die Szene aus der alten Serie, in der Heidi nur in Unterwäsche bekleidet auf den Berg rennt, weil sie sich so befreit fühlt, nachdem sie die Stadt verlassen hat, gestrichen wurde.
Grundsätzlich ist mir wichtig, dass meine Tochter Spaß mit den Serien hat und sie darin Themen findet, die ihr helfen, sich selbst und ihre Umwelt besser zu verstehen. Dass es aber ganz offensichtliche Einteilungen der Zielgruppen in „Jungen“ und „Mädchen“ gibt, finde ich problematisch. Vor allem die beiden weiblichen Figuren „Barbie“ und „Mia“ sind sexualisiert dargestellt. Und warum Schlumpfine die Einzige ohne echte Aufgabe in Schlumpfhausen ist, hat sich mir auch noch nicht erschlossen. Na ja… aber wie trällert Barbie so schön in „Barbie Dreamhouse Adventures“?!: „Mädchen können alles erreichen. Mach‘ dich auf zu neuen Bereichen.“ It’s a deal! … nur gern altersentsprechend gekleidet, bitte!
Zum Glück gibt es im Internet Seiten wie flimmo.de. Flimmo ist „Fernsehen mit Kinderaugen“ und gibt Eltern Tipps zur Fernseherziehung. Bewertet werden Sendungen und Filme, mit denen Kinder zwischen drei und dreizehn Jahren in Berührung kommen. Dort wird in unterschiedliche Rubriken eingeteilt. Pink bedeutet: Kinder finden’s prima. Gelb heißt: Mit Ecken und Kanten und Blau bedeutet: Nicht für Kinder geeignet. Das Ganze mit pädagogischer Orientierung für die unterschiedlichen Altersklassen. Toll! „Barbies Traumvilla-Abenteuer“ hat dort übrigens sehr gut abgeschnitten. Nun ja… Vielleicht bin ich da auch etwas zu streng. Ich hatte ja als Kind auch 543 Barbie-Puppen und weiß, dass Frauen in Wirklichkeit nicht so aussehen.

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